Rundtour ländlich familienfreundlich Erftkreis
Rundtour, hauptsächlich durch ländliches Gebiet. Die Rundtour führt durch die landwirtschaftlich stark geprägte Region rund um den Tagebau Garzweiler II nahe der Stadt Bedburg. Sie verbindet auch Regionen des Erzbistums Köln und Bistum Aachen miteinander.
anregend 6–7 Std 298 Höhenmeter
Anregend. Die Tour ist fast steigungsfrei, sie führt größtenteils auf ruhigen Straßen und Feldwegen entlang. Nur an wenigen Abschnitten muss auf Hauptstraßen gefahren werden.
kulturell
Diese Radtour ist eine Alternative zur großen und längeren „Verlorene Heimat 1“-Tour. Auch hier geht man auf Spurensuche, um Heimat zu erfahren und zu spüren wie es ist, wenn Heimat verlorengeht. Auf dem Weg sieht man an vielen Stellen Wegekreuze, Kapellen und Kirchen, wie auch historische Windmühlen und Dörfer.
Viele Gemeinden sind in "sicherer" Entfernung zu sukzessiv wandernden Tagebau, andere sind entweder schon verschwunden oder zum Abriss freigegeben. Die Heimat ist im schlimmsten Fall verloren oder an einem anderen Ort neu errichtet worden.
Zwei Drittel der Strecke führt durch eine gewachsene und stark genutzte Kulturlandschaft. Die regelmäßig verteilten Siedlungen liegen seitlich riesiger Landwirtschaftsgebiete. Ein Drittel des Weges ist verlorenes Land; es soll dem Bergbau weichen. Der Wechsel zwischen Heimat und verlorener Heimat macht diese Tour zu einer gedanklichen und geistigen Herausforderung. Man „erfährt“ Heimat und Leben sehr kompakt und intensiv.
Hinweis: Die Touraufzeichnung fand Anfang 2017 statt. Januar 2018: Im Januar wurde der Immerather Dom abgerissen. Ein Durchfahren durch Immerath ist nicht mehr möglich.(Fotos der Abrissarbeiten Bendikt Boecker).
Die Tourenidee entstand in Zusammenarbeit von Thomas Pfeiffer, Stefan Sieben und Udo Wallraf.
Bedburg
Der Bahnhof liegt abseits des Tagebaus am Ortsrand von Bedburg. Er ist Start und Ziel dieser Rundtour. Die Regionalbahn 38 fährt von Düsseldorf, Neuss oder Köln nach Bedburg.
Kaster: Die Einwohner des Doppelortes Morken und Harff mussten in den 1960ger Jahren, durch den Braunkohleabbau, in das benachtbarte Kaster umgesiedelt werden. Die alte Kirche St. Martinus aus Morken wurde im Neubaugebiet Kaster als modernes Kirchengebäude neu errichtet. St. Martinus wurde 1975 durch Kardinal Höffner geweiht. Der heilige Martin lebte im 4. Jahrhundert und ist meist Schutzpatron alter Pfarren und Kirchen.
Kirchherten: Die Orte Kichherten und Grottenherten gehen ineinander über. Sie sind Stadtteile von Bedburg, weit weg vom Tagebau entfernt und vom Abriss nicht bedroht. Im Ort gibt es neben zahlreichen Wegekreuzen auch die Evangelische Hauskirche und das ehemalige Kloster Maria-Hilf der Arenberger Dominikanerinnen. Die katholische Pfarrkirche St. Martinus Turm ist im spätgotischem Baustil Mitte des 15. Jahrhundert errichtet worden. Der neugotische Baukörper wurde später zwischen 1857 und 1861 fertig gebaut.
Grottenherten: Die Saalkirche entstand vermutlich im 11./12., der spätgotische Chor im 15. Jahrhundert. Die Kapelle wurde erstmals 1470 im catalogus omnium beneficiorium erwähnt. Hierin ist eine Übersicht aller Benifizien des Dekanates enthalten. Auf dem Bleiglasfenster sieht man unter anderem eine Darstellung der Margaretenlegende: Die heilige Margaretha durchbohrt mit einer Kreuzfahne einen Drachen. Das 122Kg „leichte“ Kapellenglöckchen trägt die Umschrift: „...S. Margaretha heische ich. Die Lebenden ruffe ich Die Doten beleuthe ich...“.
Grottenherten: An diesem Punkt am Ortsausgang von Grottenherten steht eine Orientierungstafel für Radfahrer. Wer sich einen weiteren Überblick der Region verschaffen möchte, kann dies auf dieser Hinweistafel machen.
Das Gebiet ist Teil von diversen ausgeschilderten Touren im Rhein Erft Kreis.
Grottenherten: Hinter dem Ortsrand steht die aus Backsteinen errichtete Windmühle. Die Holländerwindmühle stammt von 1831. Im gesamten Rhein-Erft-Kreis gibt es nur noch zwei solcher Mühlen, die funktionstüchtig sind. Bis 1964 wurde hier das geerntete Korn gemahlen. Heute malt man nur noch gelegentlich zur Demonstration Futtergetreide, besonders am jährlich stattfindenden Deutschen Mühlentag Pfingstmontags.
Mündt: St. Urbanus steht im ruhigen Ortskern von Mündt. Die Pfarrkirche ist eine der ältesten Kirchengebäude im Jülicher Land. Die Kirche wurde im Dreißigjährigen Krieg durch einen Brand stark zerstört. In den 1680ger Jahren wurde sie im Stile der Nachgotik und des Barocks neu aufgebaut; so steht sie auch heute noch da. Sie wird auch zukünftig vom Tagebau verschont bleiben. Die Kirche ist dem heiligen Urban I. geweiht. Er war in der Zeit von 222 bis 230 n. Chr. Bischof von Rom.
Am Feldweg: An diesem Punkt auf dem Feldweg steht eine weitere Orientierungstafel für Radfahrer. Wer sich einen Überblick der Region verschaffen möchte, kann dies auf dieser Hinweistafel machen.
as Gebiet ist Teil von diversen ausgeschilderten Touren im Rhein-Erft-Kreis.
Jackerath: Hier in Jackerath kommt man der Tagebaukante von Garzweiler II schon sehr nah. Am Kirchweg 7 des Ortes steht die römisch-katholische Pfarrkirche St. Maria Schmerzhafte Mutter des Bistums Aachen. Die im neogotischen Baustil errichtete Kirche wurde 1858 fertig gestellt. Durch starke Kriegsschäden im Zweiten Weltkrieg musste vieles neu gebaut und einiges geändert werden. In den 1950ger Jahren entwarf die Künstlerin Marianne Hilgers Fenster in St. Maria. Jackerath gehört zur Gemeinde Titz im Kreis Düren.
Garzweiler II: Wenige Kilometer von Jackerath entfernt ist der sogenannte Skywalk Garzweiler II. Von dieser Aussichtplattform hat man einen weiten Ausblick auf die klaffende über 100m tiefe Bodenöffnung. Auf dem Grund bewegen sich ununterbrochen riesigen Bagger. Sie entfernen 364 Tage im Jahr riesigen Mengen Erdreich, um die Braunkohleflöze freizulegen. Seit dem Beginn des industriellen Abbaus der Braunkohle wurden schon über 100 Dörfer abgerissen und viel fruchtbares Kulturland abgebaggert. Nach dem Abtragen der Kohle werden die Bereiche wieder aufgeschüttet und rekultiviert.
Immerath: Verlorene Siedlung Immerath:
Wegen des Braunkohletagebaus Garzweiler II sollen bis 2045 etwa 5000 Menschen umgesiedelt werden. Die Umsiedlung von Immerath ist bereits größtenteils abgeschlossen. Die Menschen wohnen jetzt in Immerath Neu. Wer durch Immerath geht, erfährt auf eine intensive Weise, was es bedeutet seine Heimat zu verlieren. Das Dorf wirkt geisterhaft und die Abrissarbeiten und Baulücken unwirklich. In dieser Szenerie lebt nur noch eine Familie auf ihrem Gehöft. Viele Bäume sind bereits gefällt, die Kirchenglocken verstummt, Häuser entfernt und die Bewohner verschwunden.
Die Profanierung von St. Lambertus in Immerath wurde 2013 durch einen feierlichen Gottesdienst abgeschlossen. Das ewige Licht wurde gelöscht. Die Kirche wird bald nach und nach abgetragen. 2014 wurden bereits die vier Bronzeglocken abgehängt und nach Immerath Neu gebracht. St. Lambertus hat eine einzigartige Doppelturmfassade. Im Volksmund heißt die Kirche „Immerather Dom“.
Immerath: Der Konzern RWE Power hat Fakten geschaffen. Trotz langanhaltender Proteste bis zuletzt, wurde das regionale Wahrzeichen der Immerather Dom am 8. Januar 2018 abgerissen.
Vorab wurde bereits das Dorf Immerath nach und nach abgetragen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis sich die mächtigen Braunkohlebagger vorgearbeitet haben und der Ort für immer von der Landkarte verschwunden ist.
Der Abriss der ehemaligen Katholischen Kirche St. Lambertus wurde aus sicherer Entfernung von vielen Menschen mit angesehen und in vielen Medien thematisiert. Vor Ort wurden die Abrissarbeiten durch Polizisten gesichert, um Demonstrationen im Keim zu ersticken.
Unter dem Suchbegriff "Immerather Dom" kann man viele Berichte und Fotos über den Abriss im Internet finden.
Fotos des Abrisses: Benedikt Boecker
Immerath: Wer eine weitere intakte Windmühle besichtigen möchte, kann auf dem folgenden Weg einen kleinen Abstecher zur Immerather Windmühle machen.
Königshoven: Auf dem Gebiet der Petruskapelle stand früher das Dorf Königshoven, mit seiner katholischen Kirche St. Peter. Zur Erinnerung an die verlorene Heimat baute man auf diesem rekultivierten Gebiet die Petruskapelle. Ehemalige Bewohner von Königshoven sollen hier ein Stück Heimat wiederfinden. Die Besucher sind eingeladen, die Kapelle als Ort des Gebetes und der Besinnung zu nutzen. Im Inneren der Kapelle sieht man unter anderem Petrus mit dem Schlüssel und ihm gegenüber Paulus mit dem Schwert. Die Petruskapelle wurde am 1. Oktober 2005 gesegnet.
Alt-Kaster: Das historische Dorf Alt-Kaster ist sehenswert. Schon auf dem Weg zum Stadttor kann man die wehrhafte Stadtmauer sehen. In der Dorfkneipe kann man sich noch einmal stärken, um die letzten Kilometer der Rundtour zu meistern.
Alt-Kaster: In Alt-Kaster steht die Pfarrkirche St. Georg. Um hier hin zu gelangen, muss man hinter dem Stadttor zuerst über holpriges Kopfsteinpflaster fahren. Die Pfarrkirche ist denkmalgeschüzt. St. Georg wurde 1785 fertig gestellt. Die Innenausstattung wurde bereits vor dem Bau angefertigt und ist im spätbarocken Stil gehalten. Viele Elemente der Innenausstattung sind noch im Originalzustand.
Bedburg: Die Stadt Bedburg liegt an der Erft. Neben dem Krankenhaus steht die St. Lambertus. Die neugotische Hallenkirche wurde zwischen 1891 bis 1894 gebaut. Der Hochaltar ist mit Darstellungen aus dem Leben des heiligen Lambertus versehen. St. Lambertus war Bischof von Tongern-Maastrich. Während seiner Amtszeit (670 bis 675 n.Chr.) wurde er, durch einen weltlichen Machtwechsel, als Bischof abgesetzt und verbannt. St. Lambert verteidigte konsequent die Immunitätsrechte der Kirche gegenüber der Staatsgewalt. Im Jahr 705 fand man ihn erschlagen ins seinem Haus in Lüttich. Einige Jahre später baute man über seinem Grab die Basilica sancti Landiberti.
Bahnhof Bedburg: Die Rundtour endet wieder hier.
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